Die Grundschule

Die Grundschule ist für alle Kinder der erste große Schritt ins Schulleben. Sie ist wohnortnah, verbindlich und soll möglichst inklusiv sein. Doch gerade bei Kindern mit ADHS oder Autismus wird schnell deutlich: Der gemeinsame Startpunkt ist nicht für alle gleich leicht. In diesem Beitrag schauen wir uns an, was die Grundschule leisten kann – und wo sie an Grenzen stößt.

Was ist die Grundschule?

Die Grundschule umfasst in der Regel die Klassen 1 bis 4 (in Berlin und Brandenburg: Klassen 1 bis 6). Sie ist für alle Kinder verpflichtend und wohnortgebunden – das heißt: Die Einteilung erfolgt nach Schulsprengeln, nicht nach Eignung oder Wunsch.

Grundschulen sollen den Kindern grundlegende Kompetenzen in Deutsch, Mathematik, Sachunterricht, Sport, Musik und Kunst vermitteln. Gleichzeitig sollen sie soziales Miteinander, Lernfreude und Selbstständigkeit fördern.

Stärken der Grundschule

  • Wohnortnähe: Kurze Wege erleichtern den Alltag und ermöglichen Kontakte im eigenen Umfeld.
  • Kleine Kinder unter sich: Die pädagogische Arbeit ist auf jüngere Kinder zugeschnitten.
  • Erste Beobachtungen möglich: ADHS oder ASS zeigen sich oft in dieser Phase erstmals deutlich – Lehrkräfte können Hinweise geben, Eltern früh reagieren.
  • Förderung im Klassenverband: Durch Differenzierung, Förderstunden oder Inklusionshilfen ist theoretisch eine individuelle Unterstützung möglich.

Herausforderungen – besonders bei ADHS und Autismus

  • Große Klassen, wenig Ressourcen: Differenzierung braucht Zeit – die fehlt im Alltag oft.
  • Reizüberflutung: Lärmpegel, Unruhe und häufige Wechsel im Stundenplan überfordern viele Kinder.
  • Soziale Konflikte: Kinder mit ADHS oder Autismus haben oft Schwierigkeiten in Gruppenprozessen oder im emotionalen Ausdruck.
  • Leistungsdruck steigt früh: Schon in Klasse 2 oder 3 geht es um Noten, Vergleichsarbeiten und Schulübergangsempfehlungen – Kinder mit besonderem Förderbedarf geraten schnell ins Hintertreffen.
  • Mangelnde Diagnostik-Kompetenz: Nicht alle Lehrkräfte erkennen ADHS oder ASS sicher. Häufig wird „Störung“ gesagt, wo eigentlich Unterstützung nötig wäre.

Einschätzung bei ADHS:

Die Grundschule kann ein guter Ort für Kinder mit ADHS sein, wenn Rahmenbedingungen passen:

  • Verständnisvolle Lehrkraft mit klarer Struktur
  • Bewegungsmöglichkeiten und flexible Arbeitsformen
  • Kleine Klassen oder zusätzlicher Förderbedarf anerkannt
  • Gute Kommunikation mit den Eltern

Kritisch wird es, wenn das Kind ständig negativ auffällt, ohne Unterstützung zu bekommen – hier droht früh ein Teufelskreis aus Ablehnung, Versagen und Schulvermeidung.

Einschätzung bei Autismus:

Bei Kindern mit Autismus kommt es stark auf den Grad der Beeinträchtigung an:

  • Bei leichtem ASS (z. B. früher „Asperger“) kann die Grundschule mit Unterstützung gut gelingen – wichtig sind feste Abläufe, Ruhephasen, klare Kommunikation.
  • Bei stärkeren autistischen Zügen braucht es oft mehr als die Regelschule leisten kann – z. B. eine Schulbegleitung oder feste Rückzugsräume.

Schwierig wird es, wenn das Kind ständig angepasst sein muss („masking“), ohne sich sicher zu fühlen – das kostet enorm viel Energie.

Was hilft in der Praxis?

  • Frühzeitiger Austausch zwischen Eltern und Lehrkräften
  • Bei Bedarf: Einschaltung von Beratungslehrer, Schulsozialarbeit oder schulpsychologischem Dienst
  • Diagnostik frühzeitig klären – ggf. mit Hilfe des Kinderarztes
  • Nachteilsausgleich und ggf. Eingliederungshilfe beantragen
  • Strukturhilfen wie Sitzplatzwahl, visuelle Stundenpläne, Bewegungspausen

Fazit:

Die Grundschule ist für viele Kinder mit ADHS oder Autismus der erste Ort, an dem Schwierigkeiten sichtbar werden. Sie ist nicht per se ungeeignet – aber sie braucht Menschen mit Blick, Verständnis und Handlungsspielraum.

Wenn das gegeben ist, kann die Grundschule ein guter Start sein. Wenn nicht, ist es wichtig, Alternativen zu prüfen – ohne Schuldgefühle. Denn jedes Kind hat das Recht auf einen Ort, an dem es lernen kann, wie es ist.

Avatar von Heiko

Von Heiko

Autor des Ratgebers AD(H)S bei Kindern bis 12 Jahren

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