Lerncoaching und Schulbegleitung bei ADHS

Warum Lerncoaching und Schulbegleitung für Kinder mit ADHS so wichtig sein können

Der Schulalltag stellt Kinder mit ADHS oft vor enorme Herausforderungen: Sie verlieren schnell den Überblick, haben Schwierigkeiten mit der Organisation, lassen sich leicht ablenken – oder fühlen sich überfordert von sozialen Anforderungen. Lerncoaching und Schulbegleitung können genau dort ansetzen, wo andere Maßnahmen an ihre Grenzen stoßen.

Was ist Lerncoaching?

Lerncoaching ist keine klassische Nachhilfe. Es geht nicht darum, bestimmte Inhalte zu wiederholen oder Wissenslücken zu schließen. Stattdessen liegt der Fokus auf übergeordneten Lernprozessen – wie Motivation, Selbstorganisation, Aufmerksamkeitslenkung und Stressregulation.

Ein Lerncoach arbeitet meist außerhalb der Schule, häufig in Einzelstunden, und hilft dem Kind dabei, eigene Ziele zu entwickeln, Ressourcen zu entdecken und Hindernisse im Lernprozess zu überwinden.

Typische Inhalte sind:

  • Strukturierung des Schulalltags
  • Zeitmanagement und Aufgabenplanung
  • Motivationstechniken und Zielarbeit
  • Strategien gegen Aufschieberitis (Prokrastination)
  • Umgang mit Misserfolgen

Fallbeispiel: Paul (10 Jahre)

Paul kommt regelmäßig ohne Hausaufgaben in die Schule. Nicht, weil er sie nicht kann – sondern weil er oft vergisst, was auf war, und dann zu Hause nicht weiß, wo er anfangen soll. Im Lerncoaching entwickelt er mit der Trainerin eine Wochenstruktur, nutzt Checklisten und beginnt, sich selbst kleine Ziele zu setzen: „Heute erledige ich Mathe direkt nach dem Vesper.“ Nach einigen Wochen wird sein Alltag spürbar ruhiger – auch zu Hause gibt es weniger Streit.

Was ist Schulbegleitung?

Eine Schulbegleitung, oft auch „Integrationshilfe“ genannt, ist eine individuelle Assistenz im Schulalltag, die ein Kind mit Förderbedarf über einen längeren Zeitraum unterstützt. Die Schulbegleitung ist kein pädagogisches Personal, sondern hilft dabei, Barrieren im Schulbesuch zu überwinden – vor allem durch:

  • Orientierungshilfe im Tagesablauf
  • Unterstützung bei Arbeitsanweisungen
  • Hilfestellung bei Impulskontrolle oder sozialen Konflikten
  • Strukturhilfe bei Arbeitsprozessen
  • Beruhigung in Phasen der Überforderung

Die Schulbegleitung ist in der Regel über das Jugendamt zu beantragen, auf Grundlage einer ärztlichen Stellungnahme oder einer sozialpädiatrischen Diagnostik. Die Kosten trägt – nach Bewilligung – der öffentliche Träger.

Fallbeispiel: Leila (11 Jahre)

Leila fällt es schwer, sich auf Gruppenarbeit einzulassen, sie verlässt in stressigen Situationen manchmal den Klassenraum. Ihre Schulbegleitung begleitet sie unauffällig durch den Schultag, greift ein, wenn sie sich zurückzieht, erklärt Aufgaben in kleinen Einheiten nach und erinnert sie daran, Pausen einzuhalten. So kann Leila weiterhin am Unterricht teilnehmen – ohne ständig anzuecken.

Chancen und Grenzen

Lerncoaching:

  •  Stärkt Selbstwirksamkeit und Eigenverantwortung
  •  Fördert langfristige Lernstrategien
  •  Unterstützt auch emotional – z. B. bei Prüfungsangst
  • Kein Ersatz für Therapie
  •  Setzt Motivation und freiwillige Mitarbeit voraus

Schulbegleitung:

  • Ermöglicht Teilhabe trotz Belastungen
  • Entlastet Lehrkräfte und Mitschüler*innen
  •  Kann Eskalationen vorbeugen
  •  Keine pädagogische oder therapeutische Ausbildung notwendig
  •  Qualität stark abhängig von Einsatzstelle und Person
  •  Gefahr der Über-Abhängigkeit, wenn keine Entwicklungsperspektive verfolgt wird

Für wen sind die Angebote geeignet?

Lerncoaching:

  • Kinder mit ADHS, die immer wieder am eigenen Lernverhalten scheitern
  • Schüler*innen mit hoher Frustrationstoleranz, Motivationsproblemen oder Prüfungsangst
  • Kinder, bei denen der Schulstoff „eigentlich“ klar ist – aber die Umsetzung nicht klappt

Schulbegleitung:

  • Kinder mit stark beeinträchtigter Alltagskompetenz in der Schule
  • Kinder mit Komorbiditäten (z. B. Angststörungen, Autismus-Spektrum-Störung)
  • Bei chronischer Überforderung im Schulalltag trotz anderer Hilfen

Fazit: Eine Brücke bauen

Lerncoaching und Schulbegleitung sind zwei sehr unterschiedliche Maßnahmen, die aber ein gemeinsames Ziel verfolgen: die Teilhabe am schulischen Leben zu verbessern. Sie bauen Brücken – zwischen dem Kind und den Anforderungen, zwischen Familie und Schule, zwischen Theorie und Alltag.

Nicht jedes Kind mit ADHS braucht eine dieser Hilfen. Aber wenn die schulischen Belastungen dauerhaft zu Frust, Rückzug oder Versagensgefühlen führen, können beide Angebote den entscheidenden Unterschied machen.

Avatar von Heiko

Von Heiko

Autor des Ratgebers AD(H)S bei Kindern bis 12 Jahren

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