Jeden Tag mit dabei – die Rolle der Lehrkraft
Lehrer*innen verbringen oft mehr Zeit mit unseren Kindern als wir selbst. Gerade bei ADHS können sie deshalb entscheidend dazu beitragen, wie ein Kind sich selbst erlebt: als „Problemfall“ – oder als jemand mit Potenzial. Für Kinder mit ADHS ist Schule ein Ort voller Anforderungen – und voller Chancen, wenn Lehrkräfte informiert, offen und strukturiert arbeiten.
Was Lehrer*innen leisten können
Im Schulalltag haben Lehrer*innen viele Möglichkeiten, Kinder mit ADHS gezielt zu unterstützen. Sie sehen das Verhalten über längere Zeit, erleben das Kind im sozialen Kontext – und können mit einfachen Mitteln viel bewirken, z. B.:
- Verlässliche Strukturen im Tagesablauf
- Klare Regeln, verständlich erklärt
- Rituale und Zeitmanagement (z. B. visuelle Timer)
- Pausen gezielt einsetzen
- Differenzierte Aufgabenstellungen
- Positive Verstärkung statt ständiger Kritik
ADHS-Kinder brauchen Vorhersehbarkeit, Empathie und klare Grenzen – ohne ständigen Druck oder Strafe.
Verständnis statt Bewertung
Ein Kind, das dauernd reinruft, mit dem Stuhl kippt oder sein Heft vergisst, wirkt auf Dauer anstrengend. Doch hinter dem Verhalten steckt oft keine Absicht, sondern ein verändertes Arbeiten des Gehirns. Kinder mit ADHS:
- reagieren oft impulsiv, bevor sie nachdenken
- sind schnell abgelenkt, auch bei Interesse
- vergessen Dinge nicht aus Trotz, sondern aus Überforderung
- kämpfen mit Selbstwertgefühlen, besonders bei Misserfolg
Lehrkräfte, die das wissen, können anders reagieren – nicht „nachsichtiger“, sondern gezielter.
Wichtig: Zusammenarbeit mit den Eltern
Eine gute Kommunikation zwischen Schule und Elternhaus ist Gold wert – gerade bei ADHS. Sie verhindert Missverständnisse und ermöglicht gemeinsame Lösungen.
Hilfreich sind:
- regelmäßige Rückmeldungen, auch positive
- kurze schriftliche Notizen statt langer Elterngespräche
- offene Fragen stellen statt Schuldzuweisungen
- Hinweise auf besondere Situationen (z. B. bei Tests, Gruppenarbeiten)
- Unterstützung beim Nachteilsausgleich (siehe unten)
Nachteilsausgleich – was ist möglich?
Kinder mit ADHS haben bei entsprechender Diagnose Anspruch auf Nachteilsausgleich – z. B.:
- zusätzliche Zeit bei Klassenarbeiten
- Nutzung von Lesehilfen oder Strukturkarten
- mündliche statt schriftlicher Abfragen
- Sitzplatzwahl oder Konzentrationsecke
- Arbeitsblätter mit mehr Zwischenräumen
Diese Maßnahmen sollen nicht „bevorteilen“, sondern faire Bedingungen schaffen – damit das Kind zeigen kann, was es wirklich kann.
Elternstimme (fiktiv)
„Wir hatten Glück – der Klassenlehrer hat unseren Sohn ernst genommen, ihm Struktur gegeben und uns regelmäßig Rückmeldung gegeben. Ohne ihn wären wir wohl längst am Limit.“
Was Lehrer*innen leisten können
- Strukturen schaffen, die Halt geben
- Verhalten beobachten und reflektieren
- Nachteilsausgleich umsetzen
- offen mit Eltern kommunizieren
- positive Lernumgebungen gestalten
Fazit: Haltung macht den Unterschied
Lehrkräfte müssen ADHS nicht „behandeln“ – aber sie können Rahmenbedingungen schaffen, in denen Kinder wachsen, statt zu scheitern. Es braucht dazu keine Sonderrolle, sondern Fachwissen, Flexibilität und die Bereitschaft, hinter das Verhalten zu schauen. Für viele Kinder mit ADHS ist das der Schlüssel zum schulischen Erfolg – und zur emotionalen Stabilität.

